BGH zur Ausschreibungspflicht von Wegerechten für Fernwärmenetze

BGH, Urteil vom 05. Dezember 2023 - KZR 101/20

21.3.2024

BGH zur Ausschreibungspflicht von Wegerechten für Fernwärmenetze

BGH, Urteil vom 05. Dezember 2023 -KZR 101/20

 

Besteht eine Ausschreibungspflicht im Zusammenhang mit der Errichtung von Wärmenetzinfrastrukturen?

Zu dieser Frage hat der BGH in seinem Urteil vom 05. Dezember2023 zumindest Grundsätze aufgestellt, nach denen eine mögliche Ausschreibungspflicht zu beurteilen sei.

 

Ob Wegenutzungsrechte jedem Interessenten einzuräumen sind oder ob ein wettbewerbliches Auswahlverfahren durchzuführen sei, soll im Einzelfall davon abhängen, ob der Aufbau von Fernwärmenetzen durch sämtliche Interessenten möglich ist. Der Bau paralleler Netzinfrastrukturen müsste technisch, vor allem aber auch wirtschaftlich möglich sein. Dies sei allerdingsin aller Regel (s.a. Bundeskartellamt, Abschlussbericht Sektorenuntersuchung Fernwärme, 2012, Rn. 226), wie auch in dem entschiedenen Verfahren, nicht derFall

 

So sei ein Anspruch auf Einräumung von Wegenutzungsrechten neben einem bestehendem Fernwärmenetz ausschließlich dann gegeben, wenn aus technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten der parallele Bau möglich sei. Die ökonomische Erfahrung deute jedoch darauf hin, dass einem Wettbewerb durch parallele Infrastrukturen hohe Marktzutrittsschranken entgegenstünden .Bestehende Fernwärmenetze begründen daher ein natürliches Monopol.

Grundsätzlich seien Wegenutzungsrechte im Rahmen eines transparenten und diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens zu vergeben. Der BGH führt hierzu in Rn. 19 aus:

 

„Im Ergebnis mit Recht hat das Berufungsgericht aber angenommen, die Klägerin könne nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB allein zur Durchführung eines transparenten und diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens (…) verpflichtet sein.“

 

Auch wenn die Ausschreibungspflicht für Wegenutzungsrechte für Strom- und Gaskonzessionen gemäß § 46 EnWG nicht auf Fernwärme anwendbar sei, sollen aus kartellrechtlichen Gründen im eigenen Interesse der Kommune und im Interesse der Allgemeinheit Wegenutzungsrechte zeitlich begrenzt vergeben und ein Wettbewerb um das Netz organisiert werden, um die wettbewerblichen Nachteile, die mit dem Leitungsmonopol verbunden seien, teilweise zu kompensieren. Der Umstand, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Energiewirtschaftsgesetzes ausdrücklich nicht auf den Bereich der Fernwärme erstreckt wissen wollte schließe eine privatautonome Entscheidung zur Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens gerade nicht aus, so der BGH.

 

Besteht demnach kein Anspruch auf Abschluss eines Konzessionsvertrages (Einräumung von Wegenutzungsrechten) nach den oben genannten Voraussetzungen, sei die Kommune gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB zur Durchführung eines transparenten und diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens gehalten.

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